TRANSFORMATION

Auto

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Autobranche umbauen ohne Kahlschläge

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Auch die Automobilindustrie befindet sich in einem tiefgreifenden Transformationsprozess. Getrieben von der Vision der Klimaneutralität bis 2050, steht der gesamte Verkehrssektor vor erheblichen Veränderungen. Diese gilt es gewerkschaftlich mitzugestalten.

Die Dekarbonisierung der Antriebe und der damit verbundene Abschied vom fossilen Verbrenner stellen die Automobilindustrie und ihre Zulieferer vor bisher unbekannte Herausforderungen. Zeitgleich sind die Anforderungen aus der Digitalisierung zu bewältigen.

Da heute noch nicht klar ist, welche Technologien sich durchsetzen werden, haben wir als IG BCE immer auf Technologie-Offenheit gedrängt. Batterieelektrische Antriebe, Wasserstoff, die Brennstoffzellentechnologie und synthetische Kraftstoffe müssen weiterhin beforscht, gefördert und erprobt werden. Dazu bedarf es – neben Kaufanreizen – begleitender Investitionen in Forschung und Infrastruktur.

Gut 70 Prozent der Wertschöpfung beim Auto kommt von den Zulieferern. Während die Automobilhersteller veränderte Geschäftsmodelle über neue Zuliefererstrukturen häufig kompensieren können, ist die Lage insbesondere kleiner und mittlerer Zulieferer oft sehr viel prekärer. Daher drängt die IG BCE auf massive Anschubhilfen für Betriebe in der Transformation. Innovationen müssen mit Liquiditätshilfen und Know-how unterstützt werden.

Schutz für Beschäftigte der Zulieferindustrie

Wesentliches Ziel der IG BCE ist es, die Transformation sozialverträglich zu gestalten. Unser Leitbild ist dabei „Sicherheit im Wandel mit guten Arbeitsplätzen“. Neben einer vorsorgenden Innovations- und Industriepolitik, geht es insbesondere um Qualifizierungskonzepte für neue Produkte und Aufgabenfelder, die auch rechtlich abgesichert werden müssen.

Die Automobilkonzerne und die Politik haben bisher nur zögerlich auf diese Herausforderung reagiert. Daher stehen viele kleine und mittelständische Zulieferbetriebe, die vom Verbrenner-Motor abhängen, auf der Kippe. Und damit die Arbeitsplätze vieler IG-BCE-Mitglieder.

Zusammen mit der IG Metall hat die IG BCE daher 2020 die Gründung eines Fonds initiiert, der von der Transformation betroffene Automobilzulieferer erwerben soll, um sie zu restrukturieren, zu stabilisieren und langfristig an die zurückgehende Nachfrage anzupassen.

Symbol für das Ringen um den Wandel in der Autobranche: die Auseinandersetzung bei Continental 2020.

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Aachener Beschäftigte wehren sich gegen die Schließung ihres profitablen Reifenwerks.

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Mehr als 1500 Menschen zogen durch Aachen, um gegen einen überhasteten Kahlschlag zu protestieren.

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„1800 Familien sind ihnen egal“: Die Kritik konzentrierte sich vor allem auf das Top-Management.

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Seit an Seit: IG Metall (links die Zweite Vorsitzende Christiane Benner) und IG BCE (rechts Michael Vassiliadis) kämpften gemeinsam für einen fairen Umbau bei Conti.

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Demo auch in Frankfurt: Der Konzern hatte an diversen Standorten allein in Deutschland 13.000 Jobs zur Disposition gestellt.

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„Personalpolitischer Amoklauf“: Zentrale Veranstaltung am Rande der Conti-Aufsichtsratssitzung in Hannover.

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Diese „Best Owner Group GmbH“ (BOG) konzentriert sich auf Unternehmen, deren Produkte die großen Automobilhersteller noch eine lange Zeit brauchen werden, die aber aufgrund ihrer rückläufigen Umsätze keine ausreichenden finanziellen Möglichkeiten zur Entwicklung neuer Produkte haben. Dazu gehören mittelständische, eigentümer*innengeführte Unternehmen, Nicht-Kern-Geschäftsbereiche größerer Zulieferunternehmen oder auch insolvente Betriebe mit einem gesunden Kerngeschäft.

Zusammen mit allen Stakeholdern – Eigentümer*innen, Beschäftigten, Banken und den großen Automobilkund*innen – soll eine Auffanggesellschaft geschaffen werden, die die Unternehmen des Fonds weiterentwickelt, saniert oder auch sozialverträglich abwickelt. Die Beschäftigten bleiben so lange wie möglich in Arbeit und werden, wo immer möglich, unter Einbeziehung und Mitfinanzierung der Bundesagentur für Arbeit für neue Aufgaben weiterqualifiziert.

Viele Autozulieferer stehen auf der Kippe – und mit ihnen die Jobs von Mitgliedern. Die IG BCE hält dagegen.

Scharfer Widerstand gegen Kahlschlag-Politik

Auf den scharfen Widerstand der IG BCE werden Unternehmen treffen, die unter dem Deckmantel der Transformation profitable Standorte schließen, schlicht um an einem anderen Ort den Profit zu steigern – ohne Rücksicht auf die Interessen der Beschäftigten. Im vergangenen Jahr hat die IG BCE daher unter anderem diverse öffentlichkeitswirksame Aktionen gegen den „Job-Kahlschlag“ beim Automobilzulieferer Continental organisiert und erste Teilerfolge erzielen können.

Seit Herbst 2017 arbeitet die IG BCE intensiv in der IndustriAll-Europe-Arbeitsgruppe „Automotive und Zulieferer“ mit. Vorrangiges Ziel ist es, europäische Initiativen und Aktivitäten der Politik und der Unternehmen aus gewerkschaftlicher Sicht kritisch zu begleiten und zu beeinflussen. Dies gelang beispielsweise beim im Oktober 2017 finalisierten Bericht „GEAR 2030“ der „High Level Group for the Automotive Industry“, wo Themen der Weiterbildung prominent platziert wurden. Zusammen mit den Fachverbänden ACEA und CLEPA verfassten die Akteure des IndustriAll-Europe-Arbeitskreises zudem einen ambitionierten Europaplan zur wirtschaftlichen Erholung des Fahrzeugbausektors einschließlich der Zulieferer nach dem Motto „Arbeitsplatzsicherung bei gleichzeitiger Emissionsreduzierung“ („Saving jobs while reducing emissions“).