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Gleichstellung im Betrieb vorantreiben
Die IGBCE-Frauen setzen sich seit Jahren dafür ein, dass frauen- und gleichstellungspolitische Themen eine gewichtige Rolle spielen. Dabei nehmen sie sowohl die Themen in den Betrieben in den Blick als auch die Repräsentanz von Frauen innerhalb der IGBCE.
In den vergangenen vier Jahren war für die IGBCE-Frauen das Gleichstellungspolitische Programm handlungsweisend. In ihm sind die Meilensteine auf politischer, betrieblicher und gewerkschaftlicher Ebene festgelegt. Mit Blick auf die umgesetzten Forderungen lässt sich ein gemischtes Bild zeichnen. In einigen Bereichen sind die Entwicklungen durch die Pandemie ins Stocken gekommen, gerade bei der gleichberechtigten Verteilung von Care-Arbeit gab es erhebliche Rückschritte während der Lockdowns. Andere Themen erhielten durch die Pandemie erst Auftrieb, beispielsweise erweiterte Regelungen für mobiles Arbeiten.
Gerade Eltern waren in der Pandemie doppelt und dreifach belastet, deshalb hat die IGBCE diese Zielgruppe stärker in den Blick genommen. Mit einer Reihe von Seminaren und Infoflyern sowie dem Elternratgeber präsentierte sich die Gewerkschaft als verlässliche Partnerin während und nach der Pandemie. Auch in den Tarifabschlüssen der vergangenen vier Jahre wurde die Lebensrealität von Eltern besser abgebildet: beispielsweise durch Einmalzahlungen, von denen auch Menschen in der Elternzeit profitierten, oder Inflationsausgleichsprämien, die in vollem Umfang für Teilzeitbeschäftigte gezahlt werden mussten.
In Zeiten des sich zuspitzenden Fachkräftemangels hat sich die IGBCE dafür starkgemacht, Frauen den Weg in den Arbeitsmarkt oder auch zurück in den Arbeitsmarkt zu ermöglichen und zu erleichtern. Gerade mit Blick auf die Frauen werden viele Talente und Potenziale verschwendet, weil die Rahmenbedingungen nicht stimmen. Es gibt eine große Anzahl an Frauen, die gern mehr arbeiten würden, es aber nicht können, weil sie entweder ihre Kinder oder pflegebedürftige Verwandte versorgen. Frauen, die eine mittlere berufliche Qualifikation haben, aber auch hoch qualifizierte Frauen. Frauen vor allem zwischen 25 und 59 Jahren. Frauen, die dem Arbeitsmarkt fehlen.
Um diese Thematik noch deutlicher hervorzuheben, stand der Internationale Frauentag 2023 unter dem Motto „Wer Fachkräfte sucht, kann auf Frauen nicht verzichten“. Ein von den IGBCE-Frauen schon seit Längerem vorangetriebenes Thema ist die Flexibilisierung von Arbeitszeitmodellen, die das Führen in Teilzeit, beispielsweise auch im Tandem von zwei Teilzeitbeschäftigten, ermöglichen.

Die IGBCE-Frauen bieten zahlreiche Angebote zur Weiterbildung und zur Vernetzung.
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Bundesfamilienministerin a. D. Lisa Paus beim Frauentag.
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Zehn Punkte für mehr Gleichstellung in der Transformation
Auf dem 7. IGBCE-Frauentag 2024 haben die IGBCE-Frauen unter dem Motto „FairWandeln“ über ihre Forderungen für eine geschlechtergerechte Transformation diskutiert. Resultat war ein Zehn-Punkte-Plan für einen fairen Wandel, mit dem die IGBCE die Transformation der Wirtschafts- und Arbeitswelt auch dafür nutzen wird, Gleichstellung zu realisieren.
Eines der Themen aus dem Zehn-Punkte-Plan griff die IGBCE bereits 2024 auf, weil der Handlungsdruck in den Betrieben stieg: die Bekämpfung von Sexismus und sexueller Belästigung am Arbeitsplatz. In einer repräsentativen Mitgliederbefragung gab jede fünfte befragte Frau an, dass sie schon selbst einmal von sexueller Belästigung betroffen war. Weitere zwanzig Prozent der befragten Frauen gaben an, dass sie Fälle im Betrieb kennen. Als Reaktion auf diese Erhebung hat die IGBCE deshalb zum Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen im November 2024 die Kampagne „KlarkantIGBCE“ gestartet. Mit ihr positioniert sich die IGBCE deutlich gegen Sexismus und sexuelle Belästigung und für ein respektvolles Miteinander und ein gutes Betriebsklima. Außerdem trat die IGBCE auf dem Frauentag dem Bündnis gegen Sexismus der damaligen Bundesfamilienministerin Lisa Paus bei.
Gleiche Chancen für Männer und Frauen
Wer gestalten will, braucht Zeit und Geld dafür. Nur wer finanziell unabhängig ist und die nötigen zeitlichen Ressourcen hat, kann sich in Willensbildungsprozesse in der Gesellschaft, aber auch in der IGBCE einbringen. Mit guten Tarifverträgen kümmert sich die IGBCE um das Dauerbrennerthema Arbeitszeit und um Equal Pay – die gleiche Bezahlung für Männer und Frauen. Die Tarifverträge der IGBCE sorgen dafür, dass die Entgeltlücke zwischen Frauen und Männern kleiner wird. In der chemisch-pharmazeutischen Industrie beispielsweise verdienten Frauen, die in Betrieben mit IGBCE-Tarifvertrag arbeiteten, 2023 10,55 Euro pro Stunde mehr als Frauen in nicht tarifgebundenen Unternehmen.
Mehr Bildung, bessere Qualifikation für Arbeitnehmerinnen sowie Vernetzung sind zentrale gewerkschaftliche Kernforderungen der IGBCE-Frauen auf dem Weg zur Gleichstellung. Bis heute erhalten Frauen seltener Zugang zu Weiterbildungen als Männer, was sich merklich auf die Lohn- und Karriereentwicklung auswirkt. Genau hier knüpft die IGBCE an. Anlässlich des Internationalen Frauentags 2024 hat sie auf Bundesebene eine Onlineseminarreihe rund um das Thema wirtschaftliche Unabhängigkeit von Frauen ins Leben gerufen.
Als Erfolgsmodell hat sich das seit 2015 jährlich stattfindende Frauenkolleg, das in diesem Jahr sein zehnjähriges Jubiläum feiert, etabliert. Das Programm ist explizit geschaffen worden, um die Nachwuchsförderung von Funktionärinnen in den Bezirken zu unterstützen. Es richtet sich an Frauen, die sich als Betriebsrätin aufstellen, die Leitung des Vertrauensleutekörpers übernehmen oder im Bezirksfrauenausschuss aktiv beteiligen wollen. In einer Seminarreihe mit fünf Modulen über neun Monate werden die Kolleginnen in Redetechniken, ihren persönlichen Stärken und bei der Erarbeitung von Projekten geschult.
Statement: Die IGBCE trat 2024 dem bundesweiten Bündnis gegen Sexismus bei.
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Geschlechtergerechte Organisation
Für die Zukunft der IGBCE ist es unerlässlich, dass die Gewerkschaft jünger und weiblicher wird. Mit dem „Kodex für eine geschlechtergerechte Organisation“ hat sie einen Kulturwandel eingeläutet: Die Organisation möchte sicherstellen, dass sie mit ihrem gewerkschaftlichen Handeln, ihren Werten und ihrer Kommunikation Frauen und Männer gleichermaßen anspricht. Neben einer geschlechtersensiblen Bild- und Wortsprache geht es vor allem darum, in Forderungen und Positionen der IGBCE die Lebenswelten und -realitäten von Frauen und Männern gleichermaßen zu berücksichtigen.
Auch in den eigenen Reihen ist die IGBCE beim Thema Gleichstellung einen Schritt vorangegangen. Im Februar 2023 nominierte der geschäftsführende Hauptvorstand Birgit Biermann zur stellvertretenden IGBCE-Vorsitzenden und beschloss, künftig auf allen Ebenen der Organisation Führungsduos unterschiedlicher Geschlechter zu etablieren. Das gilt vom Gewerkschaftsvorsitz bis zur regionalen Bezirksleitung. „Gemischtgeschlechtliche Führungstandems sind nicht nur ein Gebot der Gerechtigkeit, sondern auch erfolgreichen Managements“, sagte der IGBCE-Vorsitzende Michael Vassiliadis. Das bestätigten alle Erfahrungen aus Wissenschaft und Praxis.